Emmy Graeser-Rauch im Zürcher Wohnatelier in der Stadelhoferstrasse 33,
Fotografie, um 1937,
© Camille Graeser Stiftung Inv.-Nr. 36.11.07.01.
Am 20. Mai 1906 wird Emmy Graeser-Rauch als Emma Knabl in Vaihingen bei Stuttgart (Württemberg) geboren. Im Alter von sechs Jahren wird sie von ihrer Grossmutter väterlicherseits, Anna Rauch, adoptiert und zieht zu ihr nach Schuls (heute Scuol) im Unterengadin. Ende 1927 verstirbt ihre Gross- und Adoptivmutter und vererbt Emmy Liegenschaften in Schuls, was ihr eine gewisse wirtschaftliche Unabhängigkeit ermöglicht.

Sie absolviert einen Hotelfachkurs in Zürich, erlernt dort Fremdsprachen und kaufmännische Grundlagen. Anschliessend arbeitet sie als Buchhalterin, 1933 bis 1936 im Atelier des Innenarchitekten Robert Hartung in Zürich. Dort lernt sie Camille Graeser kennen, den sie 1936 heiratet. Zur selben Zeit, ab 1933, setzt sich Emmy autodidaktisch mit der Malerei auseinander, ab 1934 entstehen erste Fotografien, vor allem Innenaufnahmen und Porträts von ihrem späteren Ehemann. Ab 1936 intensiviert sich ihr künstlerisches Schaffen, das sie als vollwertiges Äquivalent zum entgangenen Musikstudium empfindet.

Neben gegenständlichen Motiven beginnt sie sich zeitgleich mit konkreter Kunst auseinanderzusetzen, malt mit Wasserfarbe nun auch streng konstruktivistisch. In der Trinkhalle Büvetta von Schuls-Tarasp können Camille und Emmy Graeser 1938 eine erste Doppelausstellung mit Landschaften und Bündner Ortsansichten zeigen. 1940 stellt sie im Zürcher Kongresshaus im Salon indépendant ein Engadiner Motiv aus. 1948 beginnt Emmy, Kleider und modische Accessoires zu entwerfen, unter anderem Handtaschen, Schals, Hüte und Handschuhe.

In Gestaltungsfragen wird sie dabei hin und wieder von Camille Graeser unterstützt. Sie verfasst Handarbeitsanleitungen, die in den Verlagen Ringier und Conzett & Huber erscheinen. Bis Mitte der 1950er Jahre entstehen zeitweise Malereien in Tempera, die an Klee, Mirò und Poliakoff erinnern. Von 1950 bis 1956 ist Emmy Graeser für die rätoromanische Zeitschrift Fögl ladin als Journalistin und Übersetzerin tätig. Mit zunehmendem Erfolg Camille Graesers tritt ihre eigene künstlerische Produktion zunehmend in den Hintergrund. Sie betreute seine administrativen Belange wie Ausstellungs- und Wettbewerbsbeteiligungen, die Verkäufe und Verträge mit Verlegern und Druckern, bemühte sich um eine lückenlose Inventarisierung seines Schaffens und fotografierte zu Publikationszwecken Bilder und Designobjekte ihres Mannes. Auch hielt sie ihn oft fotografisch fest, am liebsten bei der Arbeit. Im Jahr 1981 gründet Emmy die Camille Graeser Stiftung; sie stirbt am 10. März 1984 in Zürich.