Camille Graeser beim Studium von Ideenskizzen, 1965
Photo: Emmy Graeser
Zürich, Camille Graeser Stiftung
© Camille Graeser Stiftung / Pro Litteris Zürich
Camille Graeser in seiner Zürcher Wohnung an der Hornbachstrasse, 1975
Zeitgenössische Fotografie
Zürich, Camille Graeser Stiftung
© Camille Graeser Stiftung / Pro Litteris Zürich
Camille Graeser bei einem Atelierfest in Stuttgart, um 1930
Zeitgenössische Fotografie
Zürich, Camille Graeser Stiftung
© Camille Graeser Stiftung / Pro Litteris Zürich
1892 wurde Camille Graeser am 27. Februar in Carouge bei Genf geboren. Aufgrund des frühen Todes des Vaters zieht er mit Schwester und Mutter in deren Heimat Stuttgart. Nach einer Schreinerlehre tritt Graeser 1911 in die Fachklasse für Möbelbau und Innenarchitektur an der Königlichen Kunstgewerbeschule Stuttgart ein, wo er 1913 Meisterschüler von Bernhard Pankok wird. Ab 1915 besucht er Vorlesungen von Adolf Hölzel, die ihn stark beeinflussen. In seiner Freizeit malt und zeichnet Graeser auf stark abstrahierende, vom Kubismus und Fauvismus beeinflusste Art.

1917 eröffnet er in Stuttgart ein Atelier für Innenarchitektur, Werbegraphik und Produktgestaltung, wird im Jahr darauf Mitglied des Deutschen Werkbundes und nimmt privaten Zeichenunterricht bei Hölzel in Stuttgart Degerloch. 1920 ist Graeser Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft für Kunst und Handwerk Stuttgart. Er beteiligt sich an Stuttgarter Wettbewerben und Ausstellungen, bei denen er auch ausgezeichnet wird. 1927 erhält Graeser die Gelegenheit, eine Musterwohnung in einem von Mies van der Rohe entworfenen Wohnblock in der Stuttgarter Weissenhof-Siedlung einzurichten. Zwischen 1928 und 1932 entwirft Graeser sowohl Möbelstoffe, Tapetenkollektionen und Teppiche als auch innenarchitektonische Lösungen für öffentliche wie private Auftraggeber. Er publiziert Artikel zu aktuellen Wohnfragen.

Aufgrund der bedrohlichen politischen und wirtschaftlich zunehmend schwierigen Lage verlässt er 1933 Stuttgart und lässt sich in Zürich nieder. Sich hier als selbstständiger Innenarchitekt zu etablieren, erweist sich zunächst als schwierig. 1934 wird er bei Robert Hartung als freier Mitarbeiter tätig und lernt in dessen Atelier seine zukünftige Frau Emmy Rauch kennen. Die beiden heiraten 1936. Graeser wendet sich verstärkt der Malerei zu und tritt 1938 der Allianz bei, einer Vereinigung moderner Schweizer Künstler, die bis 1954 besteht und pflegt einen regen Austausch mit anderen Mitgliedern der Zürcher Ortsgruppe.

Aus ihr werden sich später die »Zürcher Konkreten« entwickeln. Er nimmt an fast allen Ausstellungen der Allianz teil, auch an solchen im Ausland. Während des militärischen Hilfsdienstes (1940-1942) bleibt ihm wenig Zeit für die Malerei; stattdessen entstehen zahlreiche Textilentwürfe, die massgeblich zur Entwicklung seiner konstruktiv-konkreten Formensprache beitragen. Von 1950 an zählt Graeser mit Max Bill, Verena Loewensberg und Richard Paul Lohse zu den wichtigsten Vertretern der konkreten Kunst in der Schweiz. 1964 erhält er im Kunsthaus Zürich seine erste Museumsausstellung; 1968 erscheint die erste Monographie über ihn, 1969 kann er an der Biennale in Sao Paulo, 1977 an der Documenta in Kassel teilnehmen. 1975 verleiht ihm die Stadt Zürich ihren Kunstpreis. Nach längerer Krankheit stirbt Camille Graeser am 21. Februar 1980 in Wald (ZH).

Weiterführende Informationen finden Sie auf der Seite des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaft https://www.sikart.ch/KuenstlerInnen.aspx?id=4005574

Literatur:
Dieter Schwarz, Camille Graeser. Zeichnungen, mit einem Vorwort von Rudolf Koella (Camille Graeser, Werkverzeichnis, Bd. 1), hg. von der Camille Graeser Stiftung, Zürich 1986. Stefan Paradowski, Camille Graeser. Druckgraphik und Multiples, mit einem Vorwort von Willy Rotzler (Camille Graeser, Werkverzeichnis, Bd. 2), hg. von der Camille Graeser Stiftung, Zürich 1990. Rudolf Koella, Camille Graeser.
Bilder, Reliefs, Plastiken, mit einem Vorwort von Eugen Gomringer (Camille Graeser, Werkverzeichnis, Bd. 3; Œuvrekataloge Schweizer Künstler, Bd. 15), hg. von der Camille Graeser Stiftung und dem Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft, Zürich 1995 (mit einer vollständigen Bibliografie bis 1995). Camille Graeser. Design, mit Beiträgen von Sigrid Barten, Christoph Bignens, Vera Hausdorff, Karin Kirsch, Rudolf Koella, Wolfgang Schepers und Beat Wismer, hg.
von Rudolf Koella für die Camille Graeser Stiftung, Zürich, Ausst.-Kat. Kestner-Museum, Hannover, Galerie der Stadt Stuttgart, Haus Konstruktiv, Zürich, Köln 2002. Richard W. Gassen und Vera Hausdorff, Camille Graeser. Vom Entwurf zum Bild. Ideenskizzen und Entwurfszeichnungen 1938–1978, hg. von der Camille Graeser Stiftung, Ausst.-Kat. Haus Konstruktiv, Zürich, Museum Ritter, Waldenbuch, Köln 2009. Camille Graeser und die Musik, mit Beiträgen von Fabian Czolbe, Eva-Marina
Froitzheim, Vera Hausdorff, Rudolf Koella und Roman Kurzmeyer, hg. von Camille Graeser Stiftung, Zürich, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Stuttgart, Aargauer Kunsthaus, Aarau, Köln 2015. Camille Graeser. Vom Werden eines konkreten Künstlers / Camille Graeser. The Making of a Concrete Artist / Camille Graeser. Devenir un artiste concret, mit Beiträgen von Eugen Gomringer, Vera Hausdorff, Hans Dieter Huber, Rudolf Koella, Roman Kurzmeyer und Antje Krause-Wahl, hg. von Vera Hausdorff und Roman Kurzmeyer (mit David Lamaire als Co-Editor des französischen Bands) im Auftrag der Camille Graeser Stiftung, Zürich, Köln 2020.